Heilige Schrift und Tradition

Selbst in der Heiligen Schrift steht, dass nicht alles, was Jesus gelehrt hat, aufgeschrieben wurde.

Fragen

Meine protestantischen Freunde sagen, dass ihre Kirche allein auf die Bibel gegründet sei, während die katholische Kirche eine Menge von Menschen gemachter Traditionen zum Wort Gottes hinzugefügt habe…stimmt das?

Nein, das stimmt nicht. Protestanten akzeptieren als ihre einzige Glaubensregel das geschriebene Wort Gottes, das wir in der Heiligen Schrift finden. Die katholische Kirche hat als einzige Glaubensregel das Wort Gottes, wie man es in der Heiligen Schrift und auch in der Heiligen Tradition finden kann. Das gesamte Wort Gottes wurde einst mündlich überliefert…in der Heiligen Tradition. Irgendwann wurden Inhalte der Heiligen Tradition niedergeschrieben… und wurden zur Heiligen Schrift, die man als niedergeschriebene Tradition bezeichnen kann. Die Heilige SChrift selbst sagt aber aus, dass nicht alles, was Jesus gesagt und getan hat, niedergeschrieben wurde. Hören wir doch, was Paulus über die “Tradition” sagt:

2 Thess 2:15: “Steht also fest und haltet euch an die Überlieferungen, in denen ihr von uns unterwiesen worden seid, sei es mündlich oder durch einen Brief.” Überlieferungen! Mündliche Überlieferungen, oder brieflich übermittelte. Überlieferungen, in denen sie “feststehen” und “an die sie sich halten sollen”.

1 Kor 11:2: “Ich lobe euch, dass ihr in allem an mich denkt und an den Überlieferungen festhaltet, wie ich sie euch übermittelt habe.” Paulus lobt die Korinther, weil sie an den Überlieferungen festhalten, die er an sie weitergegeben hat. Die Heilige Schrift und die Heilige Tradition.

2 Tim 2:2: “…und vertraue das, was du von mir im Beisein vieler Zeugen gehört hast, zuverlässigen Leuten an, die geeignet sind, auch andere zu lehren.” Was wir hier im zweiten Timotheusbrief hören, ist ein biblisches Beispiel dafür, wie Paulus die mündliche Weitergabe von Tradition anordnet.

1 Thess 2:13: “Darum danken wir auch Gott ohne Unterlass, dass ihr das Wort Gottes das ihr durch unsere Verkündigung empfangen habt, nicht als Menschenwerk aufgenommen habt, sondern als das, was es in Wahrheit ist, das Wort Gottes, das sich auch in euch, die ihr gläubig seid, als wirksam erweist.” Sie nahmen also als Wort Gottes das an, was sie gehört hatten, nicht nur das, was sie in den Schriften gelesen hatten.

Um es anders auszudrücken: Die Bibel bestätigt eindeutig die Lehre der katholischen Kirche, dass das Wort Gottes sowohl in der Heiligen Schrift als auch der Heiligen Tradition enthalten ist.

Warum gibt es einen Unterschied zwischen katholischen und protestantischen Bibeln? Wer hat die Bibel ursprünglich zusammengestellt?

Katholische Bibeln enthalten -und haben immer enthalten- alle biblischen Schriften, die der Überlieferung gemäß von den Christen bis zurück zur Zeit Jesu anerkannt wurden. Im Alten Tesament sind das 46 und im Neuen Testament 27 anerkannte Bücher. Protestantische Bibeln dagegen enthalten in ihrem Alten Testament 7 Bücher weniger. Es handelt sich bei diesen sieben ausgeschlossenen Büchern um das Buch Baruch, das Buch Jesus Sirach, das 1. und 2. Buch der Makkabäer, das Buch Tobit, das Buch Judith und das Buch der Weisheit. Außerdem einige Teile der Bücher Esther und Daniel. Diese Bücher wurden im 16. Jahrhundert von protestantischen Reformatoren abgelehnt, weil einige Passagen dieser Bücher die protestantische Theologie und bestimmte protestantische Lehren nicht bestätigten. Vor dem 16. Jahrhundert haben jedoch alle Christen Bibeln benutzt, in denen alle 46 Bücher des Alten Testaments enthalten waren. Im ersten Jahrhundert gab es unter den frühen Christen, welche Schriften in den Kanon aufgenommen werden sollten. Mit der ihr von Jesus Christus verliehenen Autorität stellte die Kirche unter der Führung des Heiligen Geistes (siehe auch Kirche und Papsttum) die Bibel in ihrer heutigen Form zusammen.
Ich hatte einen Theologieprofessor, der uns erzählt hat, dass es sich bei Adam und Eva um reine Mythen handele und auch der Rest der Genesis nur Legenden seien…lehrt die Kirche das?

Nein. Die Kirche hat immer gelehrt, dass Adam und Eva echte Personen waren, die ersten Menschen, von denen alle anderen Menschen abstammen. Papst Pius XII schrieb 1950 in Paragraph 37 einer Enzyklika mit Namen Humani Generis, dass die Gläubigen sich nicht der Meinung anschließen können, nach Adam hätten auf dieser Erde echte Menschen existiert, deren Wurzeln nicht durch natürliche Abstammung auf Adam, den Satmmvater aller, zurückgingen, oder dass Adam schlichtweg eine größere Anzahl von Stammvätern repräsentiere. Mit anderen Worten, die Kirche lehrt, dass die gesamte Menschheit auf Adam und Eva zurückgeht. Damit das geschehen konnte, mussten sie reale Personen gewesen sein. Paragraph 38 sagt aus, diese Enzyklika betone tatsächlich klar, dass die ersten elf Kapitel der Genesis wahrheitsgemäß zur Geschichte gehören. Also noch einmal, Adam und Eva sind keine Mythen und der Rest der Genesis ist auch keine Legende. Sie sind entsprechen der Wahrheit und sind ein Teil der Geschichte.

Paragraph 39 sagt aus, dass das, was an mündlichen Überlieferungen des Volkes in die Heilige Schrift aufgenommen wurde, keinesfalls auf eine Stufe mit Mythen oder Ähnlichem gestellt werden darf.
Und lesen wir nach, was der Katechismus dazu sagt, Paragraph #375: “Die Kirche lehrt, dass unsere Stammeltern, Adam und Eva…” Kein Wort von einem Mythos.

In Paragraph #404 lesen wir, dass Adam und Eva, indem sie dem Versucher nachgaben, sündigten. Mythen können keine Sünden begehen.

Adam und Eva sind keine Mythen. Die Genesis enthält keine Mythen oder Legenden. Das ist die Lehre der Kirche. Wenn jemand etwas anderes sagt, bitte ihn oder sie, es anhand von Quellen aus offiziellen Lehrschriften zu belegen. Das wird er oder sie nicht können.
Einer meiner Freunde sagt, dass seine Kirche die Bibel wörtlich nehme, was in der katholischen Kirche nicht der Fall sei… stimmt das?

Das kann man nicht so einfach sagen. Katholiken interpretieren die Bibel im Gesamtzusammenhang, während viele Fundamentalisten, Evangelikale und andere, sie wörtlich nehmen. Im Gesamtzusammenhang lesen wir bei einer Bibelstelle das, was der Autor dieser Stelle damit ausdrücken wollte. Bei der wörtlichen Interpretation einer Bibelstelle lesen wir nach dem Motto: “Was hier steht, bedeutet es auch.”

Lass mich den Unterschied an einem Beispiel verdeutlichen. Wenn Du in einem Buch folgendes liest: “Es regnete Schnürsenkel”, wie würdest Du das interpretieren? Als Mensch des 21. Jahrhunderts würdest Du wissen, dass der Autor damit sagen wollte, dass es draußen recht heftig regnete. Das wäre die dem Zusammenhang entsprechende Interpretation… das, was der Autor damit sagen wollte. Was würde nun passieren, wenn Du diese Passage, dass es “Schnürsenkel regnet”, wörtlich nehmen würdest?

Die wörtliche Interpretation wäre die, dass während Du draußen herumläufst, Du tatsächlich Schnürsenkel wie Regen vom Himmel fallen siehst. Die allgemein akzeptierte Bedeutung dieser Phrase würde gänzlich außer Acht gelassen. Die Absicht des Autors würde ebenfalls außer Acht gelassen. Wörtlich steht da, dass es Schnürsenkel regnete, also regnet es Schnürsenkel, Menschenskind! Das wäre die wörtliche, oder fundamentalistische Interpretation.

Wenn nun jemand 2000 Jahre später im gleichen Buch lesen würde, dass es “draußen SChnürsenkel regnete”, bräuchte er, um die Stelle richtig zu verstehen, eine Interpretation im Gesamtzusammenhang, keine wörtliche. Bedenke das, wenn es darum geht, die Bibel 2000 bis 3000 Jahre nachdem sie geschrieben wurde, zu interpretieren.

Interpretation im Zusammenhang, katholische Interpretation oder wörtliche, fundamentalistische Interpretation.

Aufschlussreiches Material

Bibelstellen

Katechismus der katholischen Kirche

Kirchenväter